Mit mehr als 50% nicht eingeschulten Kindern im Tschad sind die Herausforderungen im Bildungsbereich von entscheidender Bedeutung. Die Unterrichtsqualität verbessern, indem neben der Landessprache auch die lokalen Sprachen in den Unterricht integriert werden, ist ein Schlüsselelement der Programme von Enfants du Monde. Wir bieten Ihnen ein Interview mit unserer Kollegin Rufine Samma Yeko, pädagogische Leiterin des Büros von Enfants du Monde im Tschad.
Zu oft nach 6 Jahren Grundschule noch Analphabeten
Hallo, kannst du dich vorstellen?
Ich bin Rufine Samma Yeko, pädagogische Leiterin des Programms von Enfants du Monde im Tschad. Ich beaufsichtige die Ausarbeitung des Lehrmaterials und die Ausbildung der Lehrer*innen.
Mit welchen Herausforderungen ist das tschadische Bildungssystem konfrontiert?
Ich würde eher von Problemen sprechen. Die erste ist die Tatsache, dass 55% der Kinder in den südlichen Provinzen und 70% der Kinder im Norden nicht eingeschult sind. Hinzu kommt die schlechte Qualität des Unterrichts; es kommt immer noch zu oft vor, dass ein Schüler die sechsjährige Grundschule abschliesst, ohne über Mindestkenntnisse im Lesen und Rechnen zu verfügen.
Bessere Bildung erfordert Lehrerausbildung∙es
Wie verbessert Enfants du Monde die Bildungsqualität im Tschad?
Um die Kinder in der Schule zu halten, haben wir uns für die Verbesserung der Qualität entschieden, sowohl in der Ausbildung der Lehrer*innen als auch in der Ausarbeitung von Schulbüchern, deren Inhalt die Erfahrungen der Schüler*innen und ihrer Gemeinschaft widerspiegelt.
Welche Ergebnisse wurden nach den Bemühungen von Enfants du Monde zur Verbesserung der Bildung beobachtet?
Die Kinder in den von Enfants du Monde unterstützten Schulen zeigen schnelle und solide Fortschritte. Innerhalb von drei Monaten können sie ihren Namen sowie kurze Sätze auf Sar und Französisch schreiben und ihren Eltern Ratschläge zur Trinkwasseraufbereitung oder zur Malariaprävention geben. Das sind konkrete Dinge und sehr sichtbare Fortschritte.
Man muss auch in der Sprache der Kinder unterrichten
Warum ist es wichtig, dass der Unterricht in mehreren Sprachen stattfindet?
Alle afrikanischen Länder sind mehrsprachig. Die Einsprachigkeit kam durch die Schule, die die lokalen Sprachen ausschliesst und die Sprache des Kolonialherren (z. B. Französisch im Tschad) aufzwingt, die nicht von allen gesprochen wird. Und das ist es, was die Dinge kompliziert macht. Die Ausbildungen von Enfants du Monde integrieren die lokalen Sprachen. So erklären während des Unterrichts die Lehrer*innen die Lektionen auf Französisch und in der lokalen Sprache. Dadurch können die Kinder alles gut verstehen, sind sehr aktiv und stellen Fragen. Sie haben es eilig, nach Hause zu kommen und sich mit ihren Eltern auszutauschen. Wirklich mit dieser Art des Unterrichts gibt es die Verbindung zwischen der Schule und der Familie. Sprache ist Kultur, ist Identität. Es ist sehr wichtig, dass die Schule die Sprache der Schüler berücksichtigen kann.
Noch etwas Anderes bringt die Mehrsprachigkeit im Unterricht?
Die Einbeziehung der lokalen Sprachen fördert das Verständnis und die Einheit unter den Kindern. Innerhalb weniger Monate gelingt es Schüler*innen, die manchmal ein Dutzend verschiedene lokale Sprachen sprechen, sich besser zu verstehen und sich gegenseitig zu schätzen. In dieser erleichterten Kommunikation kann sich die nationale Einheit vollziehen. Man prügelt sich weniger, wenn man sich kennt und versteht.
Es muss weitergehen
Welches sind die nächsten Ziele und Projekte von Enfants du Monde im Tschad?
Wir werden unsere aktuellen Mandate von der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit und der französischen Entwicklungsagentur weiterführen. Wir planen auch, unsere eigenen Programme in den Bereichen qualitativ hochwertige Bildung sowie Gesundheit von Mutter und Kind zu entwickeln und suchen gleichzeitig nach Finanzierungen, um diese umzusetzen.
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